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Auszüge aus: "All In! Energie und Wohlstand für eine wachsende Welt“ von Franz-Josef Radermacher und Bert Beyer. Murmann Verlag, 2024
In „All In!“ zeigen Franz-Josef Radermacher und Bert Beyer, wie die Ökosysteme an Land und in den Ozeanen eine entscheidende Rolle im Kohlenstoffkreislauf spielen. Trotz der enormen CO2-Emissionen durch menschliche Aktivitäten gibt es Hoffnung: Die Natur hat die Fähigkeit, große Mengen Kohlenstoff zu absorbieren und so zur Bekämpfung des Klimawandels beizutragen.
Erfahren Sie mehr über die faszinierenden Wechselwirkungen zwischen Land, Ozeanen und der Erdatmosphäre und wie wir durch den Schutz und die Förderung natürlicher Kohlenstoffsenken wie Wälder und Ozeane eine nachhaltige Zukunft gestalten können.
Tauchen Sie ein in die Welt der naturbasierten Lösungen und entdecken Sie, wie sie nicht nur das Klima schützen, sondern auch Millionen neuer Arbeitsplätze schaffen und die Biodiversität verbessern können.
Neugierig geworden? Dann lesen Sie hier >> die Leseprobe und erfahren Sie, wie alle gemeinsam eine wachsende Welt mit Energie und Wohlstand gestalten können.
Auszüge aus: "All In! Energie und Wohlstand für eine wachsende Welt“ von Franz-Josef Radermacher und Bert Beyer. Murmann Verlag, 2024
ALL IN! Das Buch der GES für Energie und Wohlstand für eine wachsende Welt
V. l. n. r. Bert Beyers, Franz Josef Radermacher
Mitte Oktober 2024 erschien ALL IN! im Hamburger Murmann Verlag. Das Buch trägt den Untertitel „Energie und Wohlstand für eine wachsende Welt“. Darum geht es: Mehr als 80 Prozent der globalen Energie kommen heute aus Kohle, Gas und Öl. Ein komplett regeneratives und elektrisches Energiesystem (All Electric) ist ein ferner Traum, vielleicht nicht einmal das. Die Zeit drängt. Deshalb müssen wir sofort alle klimaneutralen und sicheren Energiequellen nutzen: Erneuerbare, Fossile mit CO2-Abscheidung und Nuklearenergie – ALL IN! statt All Electric. Denn fossile Emissionen sind das Problem, nicht fossile Energieträger. Klimaneutralität geht nur pragmatisch, technologieoffen und gemeinsam – in einer Symbiose von Technik und Natur. Ob wir den Klimawandel in den Griff bekommen, entscheidet sich nicht in Deutschland oder Europa, nicht einmal in den USA, sondern in China, Indien und Afrika. Klimanationalismus hilft bestenfalls dem eigenen Gewissen. Hier kann man ALL IN! bestellen >>
Leseproben ALL IN!: 1.1 WIE DIE NATUR HILFT
Die Ökosysteme an Land und in den Ozeanen nehmen permanent Kohlenstoff auf und geben ihn wieder ab. Bei dieser Interaktion spielt die Erdatmosphäre eine wichtige Rolle. Alle drei Bereiche – Land, Ozeane und Erdatmosphäre – sind am Kohlenstoffkreislauf beteiligt, einem komplexen System der Selbstorganisation mit vielen Wechselwirkungen (s. Kap. 4, Abb.17). Durch menschliche Aktivitäten hat sich der CO2 -Gehalt in der Atmosphäre seit1750 um die Hälfte erhöht, obwohl Land und Ozeane schon viel CO2 absorbiert haben. Der Rest unserer Emissionen sammelt sich in der Atmosphäre. Die Folge ist eine historisch einmalige Erwärmung.
Paradoxerweise hilft das entstandene Ungleichgewicht im Kohlenstoffkreislauf aber beim Klimaproblem, denn der erhöhte Anteil von CO2 im Gasgemisch unserer Lufthülle führt zu vermehrter Absorption an Land und in den Ozeanen – teils mit negativen Folgen für die Biosysteme, etwa in Form einer Versauerung der Weltmeere.
In Zahlen: Die weltweit ausgestoßenen CO2– Mengen aus dem energienahen Bereich betragen etwa 39 Milliarden Tonnen pro Jahr. Hinzu kommen jährlich etwa 14 Milliarden Tonnen CO2 zum Teil verursacht durch andere Treibhausgase wie Methan. Natürliche Puffer, wie Ozeane oder Wälder, speichern rund 20 Milliarden Tonnen CO2 pro Jahr und erleichtern so die Bekämpfung des Klimaproblems auf dem Weg zu Net-Zero.
In der Referenzlösung spielen die Beiträge der Natur eine entscheidende Rolle. Einerseits können Emissionen im Bereich der biologischen Systeme reduziert werden, zum Beispiel durch konsequenten Regenwaldschutz und den Schutz der borealen Wälder auf der Nordhalbkugel. Zugleich ist die Absorptionsfähigkeit der Natur noch ausbaufähig, etwa durch Aufforstung und Humusbildung.
Durch Förderung naturbasierter Lösungen werden außerdem zahlreiche Co-Benefits im Sinne der 17 UN-Nachhaltigkeitsziele erzeugt, etwa die Verbesserung der Biodiversität. Insbesondere entstehen Millionen neuer Arbeitsplätze – bevorzugt im Globalen Süden.
Biosysteme absorbieren mehr CO2
Niemand weiß bisher genau, wie das Leben auf unserem Planeten entstanden ist. Es ist etwa 4 Milliarden Jahren her, die Erde war zu Beginn noch „wüst und leer“, wie es in der Bibel heißt. Aus einem riesigen Ozean erhoben sich erste Kontinente. Im Dunst einer noch jungen Atmosphäre hing eine rötlich schimmernde Sonne. Irgendwo in dieser unwirklichen Welt hatten sich Atome verkoppelt und Moleküle gebildet, die sich vermehren konnten. Diese frühen Lebensformen haben keine Spuren hinterlassen. Auch deshalb liegt der Beginn des Lebens für uns im Dunkeln. Was wir aber mit Sicherheit sagen können: Kohlenstoff war immer beteiligt.
Im Laufe der Evolution haben Lebewesen gelernt, viele unter schiedliche Kohlenstoffverbindungen zu entwickeln, seien es Proteine, Kohlenhydrate, Fette oder Nukleinsäuren. Kohlenstoff ist eines der wandlungsfähigsten chemischen Elemente und kann die meisten Verbindungen eingehen, auch mit Wasserstoff und Sauerstoff. Von besonderer Bedeutung ist das Makromolekül der Desoxyribonukleinsäure (DNA), geformt wie eine Doppelhelix; bei allen Lebewesen trägt es die Erbinformationen. Ob Pflanzen, Pilze, Tiere oder Menschen: Kohlenstoff ist in allen uns bekannten Lebewesen enthalten. Er ist die Grundlage des Lebens.
Jenseits aller lebendigen Prozesse wird der elementare Kohlenstoff aus organischen Kohlenstoffverbindungen gebildet. Wenn große Hitze und Druck zusammenkommen, wird zum Beispiel aus Holz tief im Boden Kohle. Mit weiter steigenden Temperaturen entstehen reine Kohlenstoffverbindungen wie Anthrazit oder Grafit als kristalline Formen des Kohlenstoffs. Diamanten sind Kohlenstoff pur, sie bestehen aus kubisch-kristallisierten Kohlenstoffatomen. Werden fossile Energieträger wie Kohle, Gas oder Öl verbrannt, entsteht das Klimagas CO2.
Es war ein langer Weg, bis unser Planet eine Atmosphäre entwickelt hat. Vor etwa 3 Milliarden Jahren wurde mittels Fotosynthese so viel Sauerstoff produziert, dass sich erste, eng begrenzte Lebensräume in nährstoffreichen Gebieten an den Küsten der Ozeane bildeten.1 Der CO2 -Anteil in der Atmosphäre war gering, entsprechend schwach die Fotosyntheseleistung. Nur sehr allmählich nahm der Sauerstoffgehalt der Atmosphäre zu.
In der Geschichte des Planeten, lange vor dem Erscheinen des Menschen, kam es immer wieder zu gewaltigen Katastrophen. Das berühmteste Ereignis ist der Einschlag eines Himmelskörpers vor 66 Millionen Jahren auf der Yucatan-Halbinsel im heutigen Mexiko. Riesige Mengen Schwefel und CO2 wurden in die Atmosphäre geschleudert. Es kam zu Feuerstürmen und Temperaturstürzen, Staubwolken verdunkelten die Sonne. Die Folge war ein Massensterben, dem wahrscheinlich auch die Dinosaurier zum Opfer fielen. Allmählich ließen die Auswirkungen des Einschlags in Yukatan nach. Langfristig hat das freigesetzte CO2 zu einer allgemeinen Erwärmung und einer massiven Versauerung der Ozeane geführt.
Kohlendioxid spielt im globalen Kohlenstoffkreislauf des Erdsystems eine entscheidende Rolle. 2 Wie in einem gigantischen Getriebe greifen physikalische, chemische, geologische und biologische Prozesse ineinander. Dabei wird CO2 permanent zwischen der Atmosphäre, den Ozeanen und der Oberfläche der Kontinente ausgetauscht. Die Vegetation an Land, zum Beispiel Wald, dient als Senke. In der Biomasse oder im Holz, auch in den Wurzeln und im Boden wird der Kohlenstoff bio-chemisch umgewandelt und zum Teil länger gespeichert. Geht ein Baum in Flammen auf oder vermodert, wird der Kohlenstoff als CO2 wieder in die Atmosphäre entlassen: Die Senke wird zur Quelle. Vergleichbare Prozesse finden in den Ozeanen statt. Sie können ebenfalls CO2 absorbieren und in Form von absterbendem Plankton auf dem Meeresboden einlagern. Dieser Austausch zwischen Ozeanen, der Landbiosphäre und der Atmosphäre wird auch als „schneller Kohlenstoffkreislauf“ bezeichnet. Die Kohlenstoffatome wandern teilweise innerhalb von Minuten zwischen den Ökosystemen hin und her; der Austausch kann aber auch Jahrhunderte und Jahrtausende dauern. Fossiler Kohlenstoff in Form von Kohle, Gas und Öl wird über deutlich größere Zeiträume in tieferen Erdschichten eingelagert, oft über Millionen Jahre und mehr.3 Das ist der sogenannte „langsame Kohlenstoffkreislauf“.
Bei der Einlagerung von Kohlenstoff in Biomasse oder Holz spielt die Fotosynthese der Pflanzen die entscheidende Rolle. Die Energie der Sonne wird genutzt, um CO2 aus der Atmosphäre und Wasser in Glukose (Einfachzucker) umzuwandeln. Dabei wird Sauerstoff freigesetzt. Etwa die Hälfte dieses Zuckers braucht die Pflanze, um zu wachsen oder Nährstoffe und Wasser zu transportieren; man sagt auch, dass die Pflanze diesen Anteil „veratmet“. Die verbleibende Hälfte des Zuckers wird zu Blättern, Nadeln, Holz oder Wurzeln. Das ist die sogenannte Nettoprimärproduktion, sie entspricht der Kohlenstoffspeicherrate eines Ökosystems. Die Prozesse variieren je nach Pflanzenart, ob Baum, Busch oder Gras. Und auch die Umweltbedingungen wie Klima, Wasser oder Nährstoffangebot sind maßgebend für die Fotosynthese und die Produktion von Biomasse. 4
Die Fotosynthese ist einer der wichtigsten Prozesse in der Natur. Erst diese Leistung der Pflanzen hat über einen langen Zeitraum dazu geführt, dass die Atmosphäre mit Sauerstoff angereichert wurde. Der Fotosynthese ist es zu verdanken, dass die Oberfläche des Planeten sich über Hunderte Millionen Jahre von einem unwirtlichen Ort in ein sich selbst reproduzierendes und regulierendes System verwandelt hat, mit der ganzen Vielfalt und Schönheit der Natur, die wir heute kennen.
Die Fotosynthese ist eine Abfolge biochemischer Reaktionen, bei der die Pflanzen unter Nutzung von Licht, CO2 und Wasser Zuckermoleküle synthetisieren und letztlich in Biomasse und Sauerstoff umwandeln. Dieser natürliche Prozess ist äußerst ineffizient…
Endnoten
1 Frankopan, Peter: Zwischen Erde und Himmel. Klima – eine Menschheitsgeschichte. Berlin 2023.
2 Chrisp, David; Dolman, Han; Tanhua, Toste; McKinley, Galen A.; Hauck, Judith; Bastos, Ana; Sitch, Stephen; Eggleston, Simon; Aich, Valentin: ,,How Weil Do We Understand the Land-Ocean-Atmosphere Carbon Cycle?“In: Reviews of Geophysics, 2022. Im Internet unter https://doi.org/10.1029/2021RG000736. Aufgerufen am 23. Mai 2024.
3 Heimann, Martin: ,,Der globale Kohlenstoffkreislauf: Eine Einführung“. In: Deutscher Wetterdienst (Hrsg.), promet – Meteorologische Fortbildung, Heft 105 (2022), S. 3.
4 Zaehle, Sönke: ,,Prozesse des Landkohlenstoffkreislaufs“. In: Deutscher Wetterdienst (Hrsg.), promet – Meteorologische Fortbildung, Heft 105 (2022), S.11.
Leseprobe ALL IN!: 1.2 WARUM CARBON CAPTURE EIN GAMECHANGER IST
In jeder Minute schleudert die Sonne gewaltige Mengen Energie in das Sonnensystem. Auch auf unserem Planeten, der Erde, ist das Potenzial der erneuerbaren Energien riesig. Im Mittelalter haben die Menschen ein Energiesystem hervorgebracht, das sich fast ausschließlich aus Sonnenenergie speiste: Wind, Wasser und Biomasse. Mit der Industriellen Revolution gelang es dann, geronnene Sonnenenergie, die seit Millionen Jahren in der Erdkruste lagerte, in großem Maßstab zu erschließen. Dies war zuerst die Kohle, der „unterirdische Wald. Fossile Depots haben den Vorteil, dass die Energie in konzentrierter Form vorliegt. Außerdem ist sie gut handhabbar, insbesondere gut lagerbar und gut zu transportieren. Der Unterschied zu elektrischer Energie ist offensichtlich. Die genannten Vorteile zeigten sich später auch bei Öl und Gas. Zum ersten Mal in ihrer Geschichte hatte die Menschheit Energie im Überfluss.
Energie ist der Schlüssel für ökonomische Entwicklung. Die Zahl der Menschen hat sich seit der (ersten) Industriellen Revolution fast verzehnfacht, der Wohlstand verhundertfacht. Auch heute machen die fossilen Depots mit mehr als 80 Prozent den Löwenanteil bei der globalen Primärenergie aus.14 Prozent kommen derzeit aus Erneuerbaren, davon alleine 6 Prozent aus Wasserkraft. Hinzu kommen 4 Prozent der Primärenergie aus Nuklearenergie (s. Kap. 4, Abb.1). Auch die Wertschöpfungsketten von Massengütern wie Beton, Stahl, Ammoniak oder Kunststoffe werden mit Kohle, Gas und Öl befeuert. Wir leben bis heute in einer fossilbasierten Zivilisation. Der Klimawandel schreitet ungebremst voran.
Der Gamechanger ist eine Technologie, mit der das Klimagas CO2 abgeschieden und entsorgt werden kann. Mit Carbon Capture besteht die Möglichkeit, den Kohlenstoffkreislauf wieder zu schließen. Kohlenstoff geht dorthin zurück, wo er zuvor entnommen wurde: in die Erdkruste (s. Kap. 4, Abb. 18). Damit besteht die Chance, die Vorteile von Kohle, Gas und Öl für längere Zeit weiter zu nutzen – ohne zusätzlichen Klimaeffekt – , denn das Problem sind nicht fossile Energieträger, sondern fossile CO2 -Emissionen. Unter Nutzung von CO2 kann man auch synthetische Kraftstoffe produzieren. Das fossile Zeitalter wird wohl irgendwann zu Ende gehen, aber das wird noch dauern. Carbon Capture verschafft uns die Zeit, die wir für den Ausbau zukunftsfähiger Energiesysteme benötigen – vielleicht mit Technologien, die wir heute noch gar nicht kennen.
Erneuerbare früher
Die Windmühle ist eine Erfindung des Mittelalters. Sie verfügt über eine horizontale Achse, um die sich die Flügel drehen, hinzu kommt ein Mechanismus, der die Mühle im Wind hält.33 Das Grundprinzip gilt bis heute. Windmühlen fanden sich früher hauptsächlich in den Küstenregionen Nordeuropas, dort nutzten sie die vom Atlantik kommenden Westwinde. Bis heute verbinden wir Windmühlen mit der Kultur der Niederlande. Dort weist die Landschaft keine nennenswerten Höhenunterschiede auf, sodass der Wind ungehindert bläst. Für die Entwicklung der Wasserkraft suchten sich die Ingenieure andere geografische Gegebenheiten. Im Ergebnis hat das Mittelalter ein leistungsfähiges technisches System hervorgebracht, das sich fast ausschließlich aus regenerativ erzeugter Energie speiste – ob Wind- oder Wassermühle, ob Holz zum Heizen oder Holzkohle für die Metallverarbeitung, nicht zu vergessen die tierische Zugkraft. Alle diese Energieformen sind solaren Ursprungs und in den globalen Kohlenstoffkreislauf eingebunden. In der Geschichte war das technische System des Mittelalters ein riesiger Fortschritt. Es lebte vom Fluss der natürlichen Ressourcen, nicht von der Nutzung der endlichen Depots fossiler Energieträger.34
Wenn Energie knapp ist, ist alles knapp. Über Jahrhunderte war der Alltag der meisten Menschen von Armut und Hunger geprägt. Das änderte sich auch im Mittelalter kaum, denn auch die regenerativen Energien waren begrenzt. Die solar basierten Agrargesellschaften schalteten sich über Flächen in Stoff- und Energieflüsse ein. Zum Beispiel Weideflächen, die das Futter für die Muskelkraft der Tiere lieferten. Die natürlichen Bestände in diesen ökologischen Systemen sind jedoch klein. Selbst Wälder, worin die Biomasse immerhin für einige Jahrzehnte gespeichert wird, konnte man nicht über die Maße nutzen, ohne sie zu zerstören. Holz war nicht nur eine zentrale Energieressource, sondern zugleich Material für den Bau von Häusern, für technische Geräte und Grundlage des Bergbaus, der Metallgewinnung, für Salinen und nicht zuletzt für das Kriegshandwerk. Für eine einzige Galeone, ein hochseetaugliches Handels- oder Kriegsschiff, benötigte man 2000 Eichenstämme beziehungsweise 20 Hektar Wald.35 Holz war Wirtschaftsfaktor und Energielieferant zugleich, so wie heute das Öl. Der Mangel an Holz war ein gravierendes und über Jahrhunderte wiederkehrendes Problem. Im Mittelalter behauptete sich Venedig als die vorherrschende Macht am Mittelmeer, der Holzbedarf für die Handels- und Kriegsflotte war extrem hoch. Das Kraftzentrum der Republik war die venezianische Werftanlage, das sogenannte Arsenal, das größte industrielle Areal des alten Europas, in dem in der Glanzzeit Venedigs Tausende Menschen zu Tages- wie Nachtzeiten arbeiteten. Die venezianische Forstgesetzgebung stellte die eigenen Wälder entlang der Piave, die in die Lagune der Stadt mündet, rigoros unter Schutz. Also musste das Holz importiert werden.36
Das venezianische Werftareal hatte der junge Hans Carl von Carlowitz auf ausgedehnten Reisen kennengelernt. Später wurde er sächsischer Oberberghauptmann und war verantwortlich für die stetige Belieferung des Silberbergbaus in Sachsen mit Holz – der Silberbergbau war die Grundlage für die Staatsfinanzen des Kurfürstentums. Der Engpass war nicht das Erz, sondern die Holzkohle für den Schmelzofen. Von Carlowitz gilt heute für viele in Deutschland als Vater der Nachhaltigkeit. Für ihn ist Holz so wichtig wie das tägliche Brot. Er forderte, wie andere schon vor ihm, dass der Wald pfleglich und behutsam zu behandeln sei und nur so viel Holz geschlagen werden sollte, wie nachwächst. Er sah aber nicht nur die ökologische, sondern auch die soziale und die ökonomische Dimension der Nachhaltigkeit – eine dauerhafte Balance dynamischer Fließgleichgewichte. Die Übernutzung der Wälder führte zu großen Problemen, etwa der Verkarstung ganzer Landstriche rund um das Mittelmeer. Ein weiteres Beispiel für die dramatischen Folgen einer Ressourcenübernutzung ist die Osterinsel.37 Die Fällung von mehr als 10 Millionen Palmen im 17. Jahrhundert führte zu starker Erosion, zu Hungersnöten, Konflikten und zum Schrumpfen der Bevölkerung von geschätzten 15.000 bis 17.000 Menschen auf unter 3000 bei Ankunft der Europäer im Jahr 1722. Aufforstungsversuche des verödeten Graslandes mit schnell wachsendem Eukalyptus sind bis heute weitgehend erfolglos. Auch die schottischen Highlands, deren karge Schönheit wir heute bewundern, sind das Ergebnis eines vollständigen Raubbaus: Sie waren einmal dicht bewaldet. Von Carlowitz selbst erlebte die Lösung des Holzmangelproblems nicht mehr. Seine Betonung einer Sorgfaltspflicht gegenüber den Wäldern hatte nicht viel bewirkt, die Macht des Faktischen war viel zu stark. Der Durchbruch kam erst mit der Industriellen Revolution, als man die Dampfmaschine im Bergbau einsetzte, um Kohle – den „unterirdischen Wald“ – zu fördern. Jahrhundertelang wurde die Kohle von Menschen aus der Tiefe heraufgeschleppt, das Sickerwasser musste mithilfe von Pferdekraft ausgeschöpft werden. Der Bau einer Maschine, die die Energie der Kohle nutzte, um den eigenen Kraftstoff zu fördern, führte auf technischer und ökonomischer Seite zu vielen positiven Rückkopplungen und im weiteren Verlauf zu einem neuen technischen System: dem Zeitalter fossiler Energieträger und damit zu einer großen Entlastung der Holzressourcen.
Endnoten
33 Neirynck, Jacques: Der göttliche Ingenieur. Renningen-Malsheim 1998.
34 Radermacher, Franz Josef; Beyers, Bert: Welt mit Zukun~. Hamburg 2013.
35 Frankopan, Peter: Zwischen Erde und Himmel. Klima – eine Menschheitsgeschichte. Berlin 2023.
36 Radermacher, Franz, Josef: „Die Ressourcen der Erde setzen uns Grenzen – Vom sächsischen Bergmann Hans Carl von Carlowitz 1713 bis zum neuen Club of Rome Report 2052“. In: Sächsische Carlowitz-Gesellschaft (Hrsg.), Die Erfindung der Nachhaltigkeit, München 2013.
37 V. Rull et al.: “Paleoecology of Easter Island: Evidence and uncertainties.” In: Earth-Science Reviews, Bd. 99 (April 2010), Hefte 1-2, S. 50-60.
News von der Global Energy Solution e.V. (GES) und der FAW/N
„Es muss Schluss sein mit dem Klimanationalismus!“
Interview in der Welt am Sonntag
Energieexperte und Regierungsberater Franz Josef Radermacher rechnet mit der deutschen Energiepolitik ab. Deutschland sei ein „Klimagefängnis“, das riesige Summen verschwende und effektive Lösungen außer Acht lasse – weil Einzelne profitierten.
Ihre Fragen – direkt beantwortet von Prof. Radermacher
Das Interview hat viele Reaktionen ausgelöst – und ebenso viele Fragen. Prof. Radermacher hat die wichtigsten beantwortet:
Was kann die neue Regierung bewirken?
Radermacher: Es ruhen viele Hoffnungen auf Kanzler Merz und seinem Team. Aber er operiert in einem sehr schwierigen politischen Umfeld und musste massiv einschränkende Verabredungen akzeptieren, um überhaupt Kanzler zu werden. Viel ist daher wohl leider nicht zu erwarten. Nicht we-gen eines fehlenden Willens, sondern wegen der Verabredungen, die in ih-rer einschränkenden Wirkung durch die aktuellen Verhältnisse in Brüssel noch verstärkt werden.
CO2-Emissionen wachsen jedes Jahr weiter, obwohl die Industrieländer ihre Emissionen absenken. Woran liegt das?
Radermacher: Gemäß Paris-Vertrag und Agenda 2030 müssen nur die Industrieländer ihre Emissionen absenken, nicht aber die Entwicklungs- und Schwellenländer, die lediglich die CO2-Intensität ihres BIP-Wachstums reduzieren müssen, nicht die Emissionen selbst. Der Grund: Sie müssen für ihre wachsenden, armen Bevölkerungen den Weg aus der Armut organisieren. Das übersetzt sich in einen steigenden Energiebedarf, was bis heute untrennbar mit steigenden CO2-Emissionen einhergeht. Deshalb kann das Klimaproblem nur gelöst werden, wenn die Industrieländer die Entwicklungs- und Schwellenländer in einer Weise unterstützen, dass diese ihre wirtschaftlichen Wachstumsambitionen so erfüllen können, dass trotz Wachstums die CO2-Emissionen absinken.
Sie arbeiten im Bereich Klima und Energie mit der United Nations Industrial Development Organization (UNIDO) zusammen und sind Senior Advisor. Was tut UNIDO und wer ist zuständig?
Radermacher: Die UNIDO mit Sitz in der UN-City in Wien ist im UN-System für die Industrialisierung der Entwicklungs- und Schwellenländer zu-ständig. Generaldirektor ist Dr. Gerd Müller, der in Deutschland zwei Le-gislaturperioden lang Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung war. Schon seit dieser Zeit arbeite ich eng mit Dr. Müller zusammen, ebenso wie Frau Prof. Dr. Estelle Herlyn, meine Kollegin am FAW/n und bei Global Energy Solutions e. V. (beide Ulm). Es ist eine der Hauptaufgaben von UNIDO die Industrialisierung des globalen Südens zu fördern – in einer Weise, dass die CO2-Emissionen nicht ansteigen.
Sie arbeiten außerdem als Senior Member beim Council of Engineers for the Energy Transition (CEET). Was ist die „Mission“ für dieses Gremium?
Radermacher: CEET wurde im September 2021 auf der UN-Ebene etabliert, um den UN-Generalsekretär bei der globalen Energiewende von der Ingenieursseite her zu beraten. Einer der Vorsitzenden ist Dr. Gerd Müller von UNIDO. Das Gremium ist relativ klein und hat zur Zeit nur 9 Mitglieder aus Europa. Ich war von Anfang an eingebunden und bin auf Wunsch von Dr. Müller noch als Senior Member mit dabei. Auf der Arbeitsebene ist auch Dr. Tobias Orthen aus unserem Institut eng eingebunden, z. B. bei der Erarbeitung von Policy Briefs zu Themen wie Carbon Capture.
Mit welchen Organisationen arbeiten Sie im Themenumfeld Energie und Klima zusammen?
Radermacher: Ich zähle jetzt nur die wichtigsten auf. Neben dem Forschungsinstitut für anwendungsorientierte Wissensverarbeitung/n (FAW/n), welches ich in Ulm leite, ist das zunächst einmal Global Energy Solutions e. V. (GES e. V.). Wir waren im Jahre 2020 an der Gründung dieses Vereins, der ebenfalls in Ulm beheimatet ist, beteiligt. Ich bin dort stellv. Vorsitzen-der, den Vorsitz hat Herr Bert Beyers inne. Eng verbunden bin ich mit dem Senat der Wirtschaft als Ehrenpräsident und Präsidiumsmitglied. Ebenfalls besteht eine enge Zusammenarbeit mit 4Pi-Solutions und seinem Gründer, Herrn Axel Pieper sowie der Denkfabrik R21. Diese 5 Organisationen haben vor der letzten Bundestagswahl einen 8-Punkte-Plan für eine wirkungsvolle und bezahlbare Energiewende publiziert (vgl. https://global-energy-solutions.org/wp-content/uploads/2025/01/8-Punkte_final.pdf). Darüber hinaus besteht eine enge Zusammenarbeit mit der Initiative Zukunft Wirtschaft Deutschland e. V. (IZW) und deren Präsidentin Andrea Thoma-Böck sowie dem Clean Energy Forum unter Leitung von Dr. Friedbert Pflüger, in welchem ich Mitglied des Kuratoriums bin.
Nach Ihrer Aussage hat sich die internationale Klima-Debatte nach der letzten Klimakonferenz in Baku in Aserbaidschan Ende 2024 völlig verändert. Was ist dort passiert?
Radermacher: 1. Vor Baku lag die international verabredete finanzielle Unterstützung der Entwicklungs- und Schwellenländer bei 100 Milliarden USD pro Jahr. In Baku wurden die Förderungserfordernisse mit Zieljahr 2035 auf 1.300 Milliarden USD erhöht. Ein gigantischer Sprung. Wir hatten solche Zahlen in unserem Buch ALL IN! Energie und Wohlstand für eine wachsende Welt einen Monat vor Baku publiziert und dafür viel Kopfschütteln geerntet. Seit Baku sind solche Zahlen jetzt Allgemeingut und offiziell auf dem Tisch – ganz unabhängig davon, ob das Geld aufgebracht werden wird oder nicht. Jedenfalls besteht seit Baku Konsens darüber, dass der-artige Größenordnungen erforderlich sind, wenn das Weltklima stabilisiert werden soll. Die Klimaschutzbeiträge reicher Länder, wie Deutschland, müssen zukünftig vor allem in der Geldbereitstellung für die Entwicklungs- und Schwellenländer bestehen, viel stärker als im Ab-senken der eigenen Emissionen, die ohnehin wenig Bedeutung haben. Das wird in Deutschland heute überhaupt nicht akzeptiert.
2. In Baku wurde außerdem der Artikel 6 des Paris-Vertrags finalisiert. Damit wird die Kooperation zwischen Nord und Süd im Klimabereich und das gemeinsame Erreichen von Klimazielen ermöglicht. Im Süden kann eine Tonne CO2 für etwa 50 Euro vermieden werden, in Deutschland können es leicht 2.000 Euro und mehr werden. Es gibt Bereiche, da fließen in dieser Höhe öffentliche Förderungen. Das ist wie das „Verbrennen“ von Geld.
Die Schweiz macht es anders und nutzt schon seit längerer Zeit die Möglichkeiten, die die internationale Kooperation im Klimabereich bietet. In Deutschland hingegen melden in sich die „Gefängniswärter“ und erklären globale Zusammenarbeit, selbst in sehr kleinem Umfang von 3% der CO2-Reduktionsziele, als Freikauf, Ablasshandel, Greenwashing etc. Aus globaler Sicht kann man nur den Kopf schütteln. Insbesondere, weil die internationale Kooperation eine der wenigen Optionen ist, die unbedingt erforderlichen großen Mengen Geld in den Süden zu transferieren und zwar in einer Weise, dass der Süden profitiert, aber auch wir, weil sich für die Industrieländer auf diesem Weg viel Geld im Klimaschutzbereich einsparen lässt. UNIDO arbeitet am globalen Roll-out der Artikel 6 Mechanismen. Wir sind am FAW/n in Ulm in diese Arbeiten eingebunden.
DAS „KLIMAGEFÄNGNIS“
Wie aktuelle Narrative und Regulierungen den Weg zu wirkungsvollem und ökonomisch sinnvollem Klimaschutz verbauen
Die Situation Deutschlands ist in Bezug auf den Klimaschutz in zweifacher Hinsicht tragisch: Zum einen wird mit dem bisherigen Vorgehen für den Schutz des Klimas als weltweite Herausforderung im Wesentlichen nichts erreicht. Die weltweiten Emissionen steigen weiter an. Zum anderen erzeugt dieser Weg extrem hohe vermeidbare Kosten, unter denen unser Land und vor allem auch große Teile der Wirtschaft leiden. Die ökonomischen und sozialen Kollateralschäden des eingeschlagenen Weges sind deutlich sichtbar. Dabei gibt es neben vielen Verlierern dieses Weges auch Profiteure, die dazu beigetragen haben, dass die Dinge aktuell so geregelt sind wie sie sind, und versuchen, Veränderungen des Status Quo weitestgehend zu verhindern. Weil eine gesamtwirtschaftliche Bewertung des Bisherigen so klar negativ ausfällt, versucht die neue Regierung neue Wege einzuschlagen, muss sich aber im engen Rahmen der Freiräume erfolgter Vorabsprachen bewegen. Man kann ihr nur Erfolg auf diesem Weg wünschen, denn wir brauchen ihn dringend. Allerdings ist dies leichter gesagt als getan, denn Deutschland ist in einem regulatorischen „Klimagefängnis“ gefangen. Ein technologieoffeneres und internationales Vorgehen, das die Kosten der Transformation massiv absenken und dem Klimaschutz sehr viel mehr dienen würde, wird durch die aktuelle, in den letzten Jahren entstandene Regulierung, die tief gestaffelt auf verschiedenen Ebenen wirkt, extrem erschwert. Den Menschen, der Wirtschaft und dem Klima ist zu wünschen, dass mit der neuen Regierung eine Befreiung aus diesem „Gefängnis“ gegen alle bestehenden Widerstände gelingt.
Marketing Management und Sustainability
Das Dokument unternimmt eine rigorose Analyse des Sustainable Marketing Management. Die Praxis in diesem Bereich wird konfrontiert mit einer Orientierung an dem Begriff der Nachhaltigkeit, wie er sich seit der gescheiterten ersten Weltumweltkonferenz 1972 in Stockholm entwickelt hat. Vom Ursprung her betrifft Nachhaltigkeit einerseits die nachholende wirtschaftliche Entwicklung der Entwicklungs- und Schwellenländer, andererseits den Schutz der Umwelt in weltweiter Perspektive. Das heutige Verständnis von Nachhaltigkeit ist ein ganz anderes. Es ist sehr stark national orientiert. Den Autor erinnern die „Exzesse“ dieser Sicht stark an eine „Wohlfühlwelt“ vom Typ „Bullerbü“ und genau in diese Richtung arbeiten heute viele Marketingkampagnen. Dass dies dem Thema nicht gerecht werden kann, ist offensichtlich und wird im Detail erläutert.
Regenwald schützen, Wälder aufforsten, Böden verbessern durch Biokohle
Nature-based Solutions hilft bei der Klimapolitik. Sagt Prof. Franz Josef Radermacher (GES) im Video >>
Was läuft falsch in der deutschen Klimapolitik?
Was läuft falsch in der deutschen Klimapolitik? Zwei Begriffe sind Wesentlich:
1. Klimanationalismus und
2. die All-Electric-Philosophie.
Warum laufen wir damit in die Sackgasse? Was bräuchte es wirklich?
Prof. Franz Josef Radermacher im Video >>
Die Rolle von Kraftstoffen auf dem Weg zu klimaneutraler Mobilität
Eine Zusammenfassung und Interpretation des ife der Abhandlung Dr. Hans Jürgen Wernickes vom 18.06.2024
Eine Absenkung des weltweiten CO2-Ausstoßes bleibt die größte Herausforderung, insbesondere im Bereich der Mobilität. Emissionen zu vermindern, erfordert deshalb jegliche denkbare technische Lösung, Pragmatismus und Technologieoffenheit.
Der Bestand an Verbrennungsmotoren in PKWs, LKWs, Schiffen, Flugzeugen und den Produktionen wird auch in den nächsten Jahren wachsen und damit ebenfalls die von ihnen versursachten CO2-Emissionen. Die Umstellung auf teilweise neue Antriebsformen und der Ersatz des Bestands wird mehrere Dekaden und damit zu lange dauern. Sie beinhaltet sehr hohe Investitionen, Abschreibungen und zusätzlichen Ressourcenverbrauch sowie neue, zusätzliche geopolitische Abhängigkeiten.
Ein Traum von „all-electric“ wird sich nicht erfüllen lassen, da in vielen Regionen eine entsprechende flächendeckende Infrastruktur unrealistisch erscheint, der zusätzliche Strombedarf mit anderen Energiebedarfen konkurriert und eine ressourcen-schonende, recyclingfähige und alltagstaugliche Batterietechnologie noch nicht zur Verfügung steht. Auch sind die Bedingungen, unter denen Batterie-Rohstoffe wie Lithium, Kupfer, Kobalt und Nickel gewonnen werden, ethisch grenzwertig, was aber zu häufig ignoriert wird. Zudem hinterlässt auch ein elektrischer Antrieb einen deutlichen CO2-Fußabdruck.
Elektrische Antriebe werden einen wichtigen Stellenwert und Marktanteil haben, aber für die zukünftige Mobilität weltweit müssen zusätzliche Technologiepfade verfolgt werden, die zu einer Verminderung der Emissionen schnellstmöglich und ohne zusätzlichen Infrastrukturaufwand beitragen.
Die Einführung von Beimischungsquoten als Vorbereitung zur vollständigen Umstellung auf weiterentwickelte Treibstoffe bei Verbrennungsantrieben sind hierbei ein wichtiger und schneller Hebel. Die erforderliche Infrastruktur existiert bereits, die Alltagstauglichkeit ist bewiesen und hinsichtlich der Verminderung des CO2- Fußabdrucks existieren noch deutliche Reserven, auch bei der Weiterentwicklung der Motoren.
Hinzu kommt, dass ein Mix an Antriebsarten die Resilienz im Mobilitätsektor erhöht. Es hat viele Vorteile, wenn nicht die gesamte Mobilität davon abhängt, ob Strom zuverlässig und überall ausreichend vorhanden ist.
Auch wird dadurch verhindert, dass vorauseilende regulatorische Maßnahmen bei der Elektrifizierung des Verkehrs zu einem Export von Bestandsflotten und deren Emissionen führen. Damit wäre dem Klima nicht geholfen.
Als Ersatz für konventionelle, fossil-basierte Treibstoffe wird man sich auf leicht handhabbare Optionen fokussieren, die möglichst geringe Anpassungen der Motorentechnik, der Raffineriestruktur und der Logistik erfordern. Beispiele dafür sind die Verwendung von hydrierten Ölen (und Altölen) wie HVO, die nicht mit der Nahrungsmittelproduktion konkurrieren, biogen basiertes Methan (für CNG-, LNG-Antriebe) und Alkohole (Ethanol, Methanol). Methanol lässt sich zudem weitgehend klimaneutral aus CO2 und regenerativ erzeugtem Wasserstoff herstellen, erste Anlagen sind bereits in Betrieb oder im Bau.
Als „kohlenstofffreier“ Treibstoff ist Ammoniak eine weitere Option, die bei Schiffen in Kombination mit einer technisch ausgereiften Reinigung der stickoxidhaltigen Abgase bereits erste Anwendungen gefunden hat.
Für die Hersteller von Verbrennungsantrieben deutet sich an, dass sie zukünftig komplexe und ressourcenintensive Multipfad-Strategien verfolgen müssen, was in Zeiten ökonomischer Stagnation eine zusätzliche Herausforderung bedeutet.
Die Politik, wie auch die Wirtschaft und die Wähler müssen endlich verstehen, dass es letztlich nur um CO2-Vermeidung und auf dem technologieoffenen Weg um Reduzierung geht – so schnell und so früh wie möglich.
Daran kann sich jeder in seinem Umfeld beteiligen – die Wirtschaft unterstützt von der Politik und schlussendlich der Verbraucher.
Günstig, wirtschaftlich und schnell muss es realisiert werden.
Ohne ideologische Bremsen und keine zusätzliche Kosten!!
Alle Parteien müssen das gleiche vordringliche Ziel haben.
Ab heute sparen wir CO2 ein!!!
Manfred J. Deues
Präsident ife – Netzwerk für Einzelfertiger
Spendenaufruf für ein klimasicheres CO2-Konzept. Ihre Unterstützung zählt!
Das Projekt „Weltweite Wohlstandspotenziale und Business Opportunities im Kontext Energie und Klima“ soll inhaltlich durch die Global Energy Solutions e. V. (GES) und das Forschungsinstitut für anwendungsorientierte Wissensverarbeitung/n (FAW/n) bearbeitet und vorangetrieben werden. Seine Basis bildet eine von den beiden Ulmer Projektpartnern erarbeitete Referenzlösung (siehe nachfolgende Artikel) für ein weltweites klimaneutrales Energiesystem, das zugleich die Wohlstandsambitionen der Welt berücksichtigt und erfüllt. Diese Referenzlösung wurde seit 2020 im Rahmen des Vorgängerprojekts „Global Energy Perspectives“ entwickelt, das im Juni 2023 abgeschlossen wurde. Es wurde durch das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) unter dem damaligen Bundesentwicklungsminister Dr. Gerd Müller, heute Generaldirektor der UN Industrial Development Organization (UNIDO) mit Sitz in Wien, und vielen weiteren Institutionen initiiert und grundfinanziert. Um den Fortbestand der wichtigen Projektarbeit zu gewährleisten, sind die Projektpartner auf eine solide Finanzierung angewiesen. Vor diesem Hintergrund bitten sie innovative und klimaneutral denkende Unternehmer um ihre Unterstützung.
Die wesentlichen Elemente der Referenzlösung sind folgende:
- ein internationaler Fokus mit internationalen Wertschöpfungspotenzialen, anstelle eines nationalen Ansatzes.
- eine starke Rolle der biologischen Systeme (exemplarisch: strikter Regenwaldschutz und ein Gigaprogramm Nature-based Solutions)
- eine zentrale Rolle von Carbon-Capture-Technologien und synthetischen Kraftstoffen, insbesondere Methanol, damit einhergehend eine viel intelligentere, preiswertere Ausgestaltung der Energietransformation in Deutschland
- hier finden Sie alle weiteren Bausteine der Referenzlösung »
Das hier skizzierte Forschungsprojekt weist einen deutlichen Anwendungs- und Praxisbezug auf, das mit der Umsetzung der Referenzlösung gewaltige industrielle Transformationen verbindet. Bis 2050 müssen erneuerbare in Verbindung mit fossilen und steuerbaren Energien weltweit in großem Umfang ausgebaut werden.
Des Weiteren stehen vor allem in den Entwicklungs- und Schwellenländern gewaltige Veränderungen an. Das BIP dieser Länder wird sich im Rahmen der Referenzlösung von 20 auf 80 Billionen USD bis 2050 erhöhen, während gleichzeitig die Bevölkerung dieser Länder von fünf auf sieben Milliarden Menschen anwächst.
Da die öffentliche Finanzierung des bisherigen Projekts Ende Juni 2023 auslief, sollen Finanzzuschüsse von Partnern aus der Wirtschaft den Kern der Finanzierung für die Fortsetzung der Arbeit bilden. Die Partner bringen dringend benötigtes Know-how und Finanzierung im jeweils vereinbarten Umfang ein, gerne ab einer Investitionssumme von 10.000 €. Finanzbeiträge gelten als Spenden, da sie an eine gemeinnützige Organisation (GES e. V.) gehen. Die Verträge sind Einzelverträge mit den Förderern. Der Mittelfluss kann dabei flexibel auf den Zeitraum von 2024 bis 2025 verteilt werden. Spezifische thematische Interessen der Partner werden unter Beachtung von Gemeinnützigkeitsvorgaben adressiert. Über die geleistete finanzielle Unterstützung können Spendenbescheinigungen ausgestellt werden.
Die Kontoverbindung:
Pressekonferenz des ife und der GES Global Energy Solutions
Die Pressekonferenz vom ife und Global Energy Solutions e. V. in Kooperation mit Die Deutsche Wirtschaft drehte sich um die bedeutende Rolle technologischer Innovationen im Kampf für das Klima. Die Teilnehmer waren hochrangige Persönlichkeiten aus verschiedenen Unternehmen und Organisationen, die sich mit dem Thema befassen.
Die Teilnehmer der Pressekonferenz waren:
Manfred Deues, Präsident, ife Institut für Einzelfertiger GmbH
Franz Josef Radermacher, Vorstandsmitglied, Global Energy Solutions e.V.
Prof. Dr. Estelle L.A. Herlyn, Vorstandsmitglied, Global Energy Solutions e.V.
Michael Braetz, Geschäftsführer, sema Systemtechnik GmbH, Geschäftsführung ife Institut für Einzelfertiger GmbH
Ein Fokus der Pressekonferenz lag auf der Vorstellung der „Referenzlösung für ein weltweites, klimaneutrales und Wohlstand schaffendes Energiesystem“. Dabei wurde betont, wie Technologien und Innovationen einen entscheidenden Beitrag zur Bewältigung der globalen Herausforderungen im Zusammenhang mit dem Klimawandel leisten können.
Genauere Details der Lösung, sowie die konkreten Technologien und Ansätze, die zur Erreichung der Ziele für ein klimaneutrales und wohlstandsbringendes Energiesystem beitragen sollen, wurden in der Pressekonferenz erläutert.
Die Stimmungslage in der deutschen Wirtschaft hat sich in den letzten Monaten spürbar verschlechtert. Viele Unternehmen sehen ihre Wettbewerbsfähigkeit gefährdet, unter anderem infolge steigender Energiekosten und Bürokratie. Viele der zu beobachtenden Veränderungen sind im Kontext der sicher notwendigen Transformation hin zu einem nachhaltigen Wirtschaften zu sehen. Vieles deutet jedoch darauf hin, dass der eingeschlagene Weg nicht zum Ziel führt – nicht einmal im Bereich des Klimaschutzes, für den wir uns aber ja der Herausforderung Energiewende annehmen. Gibt es Alternativen zum eingeschlagenen Weg? Wer ist gefragt und wie könnten Unternehmen aus der aktuellen Situation heraus zu positiven Veränderungen beitragen? In Zeiten, in denen niemand über einen „Stein der Weisen“ verfügt, sollen diese und weitere Fragen im Rahmen des Forums lösungsorientiert adressiert werden
ESG in der Einzelfertigung
ESG (Environmental, Social, Governance) ist für Unternehmen in der Einzelfertigung von wachsender Bedeutung. ESG-Kriterien beschreiben nachhaltige und verantwortungsvolle Unternehmensführung in den Bereichen Umwelt (E), Soziales (S) und Unternehmensführung (G). Für klassische Einzelfertiger (Unternehmen, die maßgeschneiderte Produkte nach Kundenwünschen herstellen) ergeben sich besondere Herausforderungen und Chancen durch ESG-Initiativen.
- Umwelt (E – Environmental):
- Ressourceneffizienz: Einzelfertiger müssen auf den effizienten Einsatz von Materialien, Energie und Wasser achten. Gerade bei individuell gefertigten Produkten können durch Optimierung von Produktionsprozessen und Materialeinsatz Emissionen und Abfälle minimiert werden.
- Nachhaltige Materialien: Die Wahl umweltfreundlicher Materialien und Lieferanten kann die Umweltbilanz verbessern und gleichzeitig den Anforderungen von ESG-orientierten Kunden entsprechen.
- Kreislaufwirtschaft: Einige Einzelfertiger können durch die Entwicklung langlebiger Produkte oder durch Recyclingprozesse zur Kreislaufwirtschaft beitragen, was ihre ESG-Bilanz verbessert.
- Soziales (S – Social):
- Mitarbeiterwohl: Da Einzelfertiger oft hochqualifizierte Fachkräfte beschäftigen, ist es wichtig, Arbeitsbedingungen zu optimieren, Sicherheit am Arbeitsplatz zu gewährleisten und die berufliche Weiterentwicklung zu fördern. Eine positive Unternehmenskultur und faire Bezahlung können ebenfalls die soziale ESG-Komponente stärken.
- Kundenzufriedenheit: Einzelfertiger sind oft stark kundenorientiert. ESG-relevante Maßnahmen können das Vertrauen der Kunden stärken, da immer mehr Unternehmen und Endverbraucher ethische und nachhaltige Geschäftspraktiken einfordern.
- Lieferkettenverantwortung: Auch die soziale Verantwortung in der Lieferkette (z. B. faire Arbeitsbedingungen bei Zulieferern) wird zunehmend erwartet, was insbesondere für Einzelfertiger mit spezialisierten Zulieferketten wichtig ist.
- Unternehmensführung (G – Governance):
- Compliance und Transparenz: Ein solides Risikomanagement, transparente Berichterstattung und die Einhaltung gesetzlicher Vorgaben sind für Einzelfertiger essentiell. ESG fordert ein Höchstmaß an Integrität und Verantwortlichkeit in der Unternehmensführung.
- Ethik und Diversität: ESG legt verstärktes Augenmerk auf ethische Unternehmensführung und Diversität in der Belegschaft sowie im Management. Dies kann für mittelständische Einzelfertiger eine Chance sein, sich durch innovative und diverse Führungsteams zu differenzieren.
Bedeutung für den Wettbewerb:
- Marktvorteil: Einzelfertiger, die ESG-Richtlinien erfolgreich implementieren, können sich Wettbewerbsvorteile sichern, insbesondere bei ESG-bewussten Kunden und Investoren.
- Regulatorische Anforderungen: In vielen Ländern werden regulatorische ESG-Vorgaben verschärft, weshalb Einzelfertiger gut beraten sind, frühzeitig entsprechende Maßnahmen zu ergreifen.
Herausforderungen:
- Kosten und Ressourcen: Für kleinere Einzelfertiger kann die Implementierung von ESG-Kriterien ressourcenintensiv sein. Die Umstellung auf nachhaltige Materialien oder neue Berichtsstandards kann anfangs Kosten verursachen.
- Anpassung der Lieferkette: Einzelfertiger müssen häufig eng mit Zulieferern zusammenarbeiten, was die Implementierung von ESG-Standards in der gesamten Lieferkette komplex machen kann.
Fazit:
Für klassische Einzelfertiger ist ESG nicht nur eine regulatorische Anforderung, sondern auch eine Chance, nachhaltige Geschäftspraktiken zu integrieren, sich im Markt zu differenzieren und langfristig wettbewerbsfähig zu bleiben. Durch gezielte Maßnahmen in den Bereichen Umwelt, Soziales und Unternehmensführung können Einzelfertiger ihre Innovationskraft stärken und sich positiv für die Stakeholder und den Markt darstellen.
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Nachhaltige Produktion — höhere Profitabilität
Im Zuge der Verringerung des eigenen Ressourcenverbrauchs verbessern die Unternehmen nicht nur ihre eigene Umweltbilanz, sondern verringern auch ihre Materialbeschaffungskosten. Nachhaltiges Wirtschaften trägt darüber hinaus dazu bei, eine positive Wahrnehmung bei sämtlichen Marktteilnehmern zu erzeugen.
Nachhaltiges Handeln mit dem langfristigen Ziel einer möglichst klimaneutralen Produktion ...
… rückt auch im Umfeld der Losgröße 1+ verstärkt in den Fokus der unternehmerischen Aktivitäten. In diesem Zusammenhang wirken verschiedenste ökonomische, ökologische, politische und gesellschaftliche Einflussfaktoren auf die Entscheidungsträger:innen in mittelständischen Fertigungsunternehmen ein. Um die gesetzgeberischen Regularien zu erfüllen und zugleich der gestiegenen Erwartungshaltung der Marktteilnehmer:innen, beispielsweise der Kunden und Endverbraucher:innen, gerecht zu werden, benötigen sie auf Dauer nachvollziehbare Strategien für ein wirksames Klimamanagement. Für eine schnelle Umsetzung ist dabei ein schrittweises Vorgehen vorteilhaft, das sich zum einen an der Erfüllung der gesetzlichen Vorgaben, zum anderen aber auch an der realistischen Umsetzbarkeit und der konkreten Wirksamkeit der Maßnahmen orientiert. Ein weiterer Aspekt, der zunehmend in den Fokus rückt, ist der, dass nachhaltiges Produzieren dank des Einsatzes innovativer Verfahren die Profitabilität merklich steigern kann.
Auch die Verantwortlichen in mittelständischen Unternehmen der Einzel-, Auftrags- und Variantenfertigung sind gefordert, sich mit Themen wie der EU-Richtlinie zur Nachhaltigkeitsberichterstattung von Unternehmen (Corporate Sustainability Reporting Directive, kurz CSRD) oder dem Digitalen Produktpass (DPP) zur datentechnischen Erfassung des vollständigen Lebenszyklus‘ aller in ihren Produkten verbauten Bauteile und Materialien intensiv zu befassen. Selbst, wenn für kleinere Betriebe mit weniger als 250 Mitarbeiter:innen im Rahmen gewisser Übergangszeiten noch nicht alle Regularien gelten, die größere Unternehmen und Konzerne erfüllen müssen, ist es ratsam, das Thema weit oben auf die Tagesordnung zu setzen. Denn im Zuge eines generell gestiegenen Umweltbewusstseins schauen beim Thema Nachhaltigkeit alle Marktbeteiligten genauer hin: seien es gesellschaftliche Gruppen, die sich für ökologische Belange engagieren, seien es die Produktabnehmer (z. B. Maschinenbetreiber) und deren Kunden, sei es die eigene Belegschaft, sei es der Wettbewerb oder seien es Finanzinstitutionen und Banken, die für die Vergabe von Krediten bestimmte umweltbezogene Kriterien zugrunde legen. Da es nicht zuletzt um die Verringerung des eigenen Ressourcenverbrauchs geht, verbessern die Unternehmen in diesem Zuge nicht nur ihre eigene Umweltbilanz, sondern können auch ihre Materialbeschaffungskosten verringern. Ins Spiel kommen folglich neben konkret messbaren, monetären Aspekten auch weichere Faktoren wie die Wahrnehmung des Unternehmens in der öffentlichen Meinung.
Die Kategorisierung der Treibhausgasemissionen
Gemäß dem Greenhouse Gas Protocol unterteilt sich der CO2-Fußabdruck von Firmen in drei Kategorien, die sogenannten Scopes. Scope 1 umfasst alle direkten und eigenerzeugten Treibhausgasemissionen, die vorrangig aus der Verbrennung von Primärenergieträgern wie Heizöl, Erdgas, Benzin oder Diesel entstehen. Scope 2 umfasst die energiebezogenen indirekten Treibhausgasemissionen, zu denen verbrauchte Sekundärenergieträger wie Strom, Fernwärme, Dampf oder Kühlungsenergie zählen. Scope 3 schließlich umfasst alle sonstigen indirekten Treibhausgasemissionen, die sich schwerpunktmäßig aus den Unternehmenstätigkeiten und den gesamtbetrieblichen Abläufen ergeben. Die Emissionen dieser dritten Gruppe entstammen diversen Quellen entlang der Wertschöpfungskette, die nur zum Teil unter der Kontrolle der produzierenden Unternehmen stehen, wodurch sie wesentlich schwerer zu identifizieren und damit auch wesentlich schwerer zu reduzieren sind. Dazu zählen Aspekte des Transportwesens und der Supply Chain ebenso wie der Bezug und die Nutzung von Waren und Dienstleistungen, die Nutzung von Papier und Wasser, die Entsorgung von Abwasser und Müll, der Energieverbrauch in vermieteten oder angemieteten Immobilien und Sachanlagen, Geschäftsreisen oder auch das Pendeln der Mitarbeiter:innen zu den jeweiligen Firmenstandorten, zu Service- oder Montageeinsätzen. Ein weiterer Punkt ist die Berücksichtigung des kompletten Lebenszyklus‘ der produzierten Produkte mitsamt der von ihnen verbrauchten Ressourcen und Materialien sowie ihrer Entsorgung. Um die Anteile der Treibhausgasemissionen der einzelnen Scopes in Relation zueinander zu setzen, sei auf das Ergebnis einer Studie des Carbon Disclosure Project (CDP) von 2022 verwiesen. Darin heißt es, dass bei jenen Unternehmen, deren Zahlen dem CDP vorliegen, die Emissionen aus der Lieferkette durchschnittlich elfmal so hoch sind wie die betrieblichen, unmittelbar die Fertigung betreffenden Ausstöße.
Schrittweises Vorgehen
Die Frage stellt sich, welche konkreten Schritte Mittelständler aus dem Umfeld der Losgröße 1+ auf dem Weg zu mehr Klimaneutralität in welcher Reihenfolge einleiten sollten. Zunächst empfiehlt es sich, eine oder mehrere Personen zu benennen, die für die Bearbeitung von Nachhaltigkeitsthemen zuständig sind und die Relevanz des Themas gemeinsam mit der Geschäftsführung in das jeweilige Unternehmen tragen. Nachdem vorab der aktuelle Treibhausgasausstoß ermittelt wurde, geht es im Anschluss um die Formulierung realistischer Klimaschutzziele für den eigenen Betrieb. Zuerst sollte es dann um die Senkung der bislang erzeugten Emissionen durch geeignete Energieeffizienzmaßnahmen und danach um die Gewinnung bzw. die Nutzung erneuerbarer Energien gehen. Wo sich der Energieverbrauch als Folge der Produktfertigung nicht vermeiden lässt, rücken kompensatorische Maßnahmen für den erfolgten ökologischen Schaden in den Fokus. Bestes Beispiel hierfür ist der EU-Emissionshandel für CO2.
Wichtig ist es, die eingeleiteten Maßnahmen zu dokumentieren und — wo immer es möglich und sinnvoll ist — von seriösen Institutionen zertifizieren zu lassen, bevor sie an alle Marktteilnehmer kommuniziert werden. Aus dieser Bekanntmachung ergeben sich im Idealfall weitere Optimierungsmöglichkeiten, beispielsweise durch die verstärkte Zusammenarbeit mit Partnerunternehmen, Transporteuren und Spediteuren, Lieferanten und Fremdfertigern. Ebenfalls essenziell ist die immer wiederkehrende Bewertung und Überprüfung der eigenen Aktivitäten, um weiteres Verbesserungspotenzial zu heben.
Schaut man sich in der Praxis um, zeigt sich schnell, dass nachhaltiges Handeln nicht nur ökologisch sinnvoll ist, sondern auch auf anderen Ebenen Vorteile bringt. Der bayerische Verpackungsmaschinenhersteller SOMIC setzt auf „gelebte Regionalität“, was unter anderem bedeutet, dass die meisten Zulieferer im direkten Umkreis des Firmenstandorts angesiedelt sind. Die kurzen Transportwege und der Einsatz nachhaltiger Transportlösungen minimieren dabei nicht nur den eigenen ökologischen Fußabdruck, sondern sorgen darüber hinaus auch für eine schnelle und sichere Versorgung mit den notwendigen Teilen.
Nachhaltigkeit in der Praxis
Ein weiterer Baustein im Nachhaltigkeitskonzept des bayerischen Mittelständlers ist eine möglichst lange Lebensdauer der Maschinen. So wird eine spätere Anpassung auf neue Produkte oder Formate von Beginn an eingeplant. Die Programmierung neuer Formatprogramme mittels Remote-Control geht nicht nur schnell vonstatten, sondern spart zudem Reisekosten und viele Auto- oder Flugkilometer. Außerdem können neue Formatteile auch für alte Maschinen gefertigt werden — selbst wenn sie ursprünglich aus den 1990er-Jahren stammen. Der Einsatz modernster, servogesteuerter Antriebe reduziert darüber hinaus den Stromverbrauch, etwa durch Energierückgewinnung. Bei allen SOMIC-Maschinenkonzepten werden von Anfang an die Verbrauchsdaten mitberücksichtigt. Ein ressourcenschonender Einsatz von Betriebsstoffen bringt den Kunden Einsparungen aufseiten der jeweiligen Verbrauchseinheiten und damit auch mit Blick auf die laufenden Betriebskosten. Zudem ist der Mittelständler bestrebt, seinen Kunden die maximale Leistung auf minimalem Raum zu liefern, was neben dem Platzbedarf auch die Lärmemissionen senkt.
Ähnlich wie SOMIC setzt auch der Siegerländer Walzanlagenhersteller Achenbach Buschhütten auf technologische Innovation zur Erlangung von größerer Klimaneutralität. Dort verpflichtet man sich getreu dem Leitbild „Green.Lean.Digital.“ nicht nur, die eigene Produktion und das Verhalten im Arbeitsalltag nachhaltig zu gestalten, sondern möchte letztlich durch die Produkte selbst langfristig den größten Einfluss in Sachen Klimaneutralität nehmen. Nämlich dann, wenn die Kunden dank innovativer Produktlösungen und nachhaltiger Produktionsverfahren weniger Energie und/oder weniger Verbrauchsmittel benötigen. Ein Beispiel sind die modernen Rektifikationsanlagen, welche die thermische Abscheidung von Fremdölen aus dem Walzöl und dessen Rückführung in neuwertiger Qualität in den Produktionskreislauf übernehmen.
Technologische Innovation senkt Verbrauch
Im thermischen Bereich bietet Achenbach ebenfalls innovative Systeme an, darunter eines zur Bandkanteninduktion, das Energie zielgenau an den Bedarfspunkt leitet. Dies führt sowohl zu einer drastischen Einsparung als auch zu einer in Summe höheren Ressourceneffizienz durch weniger Bandabrisse der sehr dünnen Aluminiumfolien, die über die Walzen laufen. Auch im Bereich der Antriebssysteme für Walzwerke hat das weltmarktführende Unternehmen ein neues Produkt entwickelt, das die benötigte Antriebsenergie zum Walzen deutlich energieeffizienter bereitgestellt, da auf verlustbehaftete Komponenten im Antriebsstrang, z. B. Getriebe, verzichtet werden kann. Und dank einem sogenannten Energy Management Tool können die Walzanlagenbetreiber bereits heute den Gesamtstromverbrauch ihrer Anlagen sowie den Verbrauch einzelner Antriebe überwachen und in Echtzeit in Bezug zu ihren Produktionsdaten setzen, um so Einsparpotenziale im Maschinenbetrieb ausfindig zu machen. Zudem lässt sich auf dieser Basis auch der produktbezogene CO2-Fußabdruck entlang der gesamten Wertschöpfungskette verfolgen. So bietet Achenbach seinen Kunden die Möglichkeit, perspektivisch das umzusetzen, was dem Unternehmen selbst gelungen ist: eine Reduzierung des CO2-Ausstoßes von 60 Prozent zwischen 2013 und 2023. Das ehrgeizige Ziel besteht nun darin, bis 2030 am Standort Buschhütten bei „Net Zero“ zu sein.
Sowohl SOMIC als auch Achenbach zeigen, was technologisch führende Mittelständler aus dem Umfeld der Losgröße 1+ leisten können, um nicht nur selbst ressourcen- und klimaschonender zu produzieren, sondern dies auch ihren Kunden zu ermöglichen. Wenn eine ökologischere Herstellung von Produkten gleichzeitig die Wirtschaftlichkeit unterstützt, profitieren alle: Umwelt, Gesellschaft und Unternehmen.
Referenzlösung für ein weltweites, klimaneutrales und Wohlstand schaffendes Energiesystem
Vorwort
Technologische Innovation als entscheidender Faktor im Kampf für das Klima
Mittelständische Unternehmen der Losgröße 1+ stehen seit jeher als Synonym für technologische Innovation. Nicht umsonst sind viele von ihnen Hidden Champions in ihren jeweiligen Segmenten. Und genau dies ist der Grund dafür, warum sich das ife – Netzwerk für Einzelfertiger und sein Präsident Manfred J. Deues eines sprichwörtlich globalen Themas annehmen, das uns alle angeht: dem Schutz des Klimas.
Zur Stabilisierung des Weltklimas müssen alle Optionen in die Waagschale geworfen werden. Technologische Innovation wird aus Sicht des ife in diesem Zusammenhang zu häufig vernachlässigt. Dabei sollte sie eigentlich als besonders wichtiger Faktor betrachtet werden, wenn es darum geht, die Belastung der Atmosphäre mit CO2 drastisch zu reduzieren. Zum einen kann Technologie dabei helfen, neues CO2 bei der Gewinnung von Energieträgern wie Gas und Öl oder in Produktionsprozessen gar nicht erst in die Atmosphäre gelangen zu lassen. Zum anderen kann sie dabei helfen, bereits ausgetretenes CO2 mit neuartigen Verfahren „zurückzugewinnen“ und sogar nutzbar zu machen. So kann in den kommenden Jahren kontinuierlich CO2 reduziert werden, ohne Verbote auszusprechen!
Genau diesen Innovations-zentrierten Ansatz verfolgt das renommierte Team aus Wissenschaftlern und Ingenieuren des Think-Tank Global Energie Solutions (GES) ». Mit einer Förderung durch das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung und weiterer Förderung durch 12 Organisationen bzw. Unternehmen aus der Wirtschaft wurden die Lösungen erarbeitet, die wir Ihnen heute vorstellen möchten.
Die neuartigen Überlegungen sollten Ansporn für uns alle sein, unsere Innovationskraft bei diesem für den Planeten besonders wichtigen Thema einzubringen. Denn Klimaschutz und wirtschaftliche Interessen sind beide bedeutsam. Sollten die deutschen Mittelständler es schaffen, auch auf diesem Gebiet eine Führungsrolle zu übernehmen, ist dem Klima ebenso wie dem Standort Deutschland dauerhaft gedient. Voraussetzung dafür ist eine Atmosphäre der Offenheit, die verschiedene Denkansätze zusammenbringt. Die in den letzten Jahren zu sehr auf Verbote ausgerichtete Klimapolitik Deutschlands hat schon jetzt großen Schaden angerichtet und fördert zunehmend Abwanderungsgedanken bei produzierenden Unternehmen. Denkverbote helfen in unserer Lage aber nicht weiter. Stattdessen müssen Innovationen gefördert werden. Innovationskraft muss sich lohnen.
Lassen Sie uns bitte wissen, wie Sie das Konzept bewerten und teilen Sie uns Ihre flankierenden Ideen mit. Wir sind gespannt!
Die zahlreichen klimabedingten Schadensereignisse der jüngeren Vergangenheit bewegen die Menschen nicht nur in Deutschland und Europa, sondern weltweit. Der immer deutlicher spürbare Klimawandel ist in Teilen menschengemacht. Diese Tatsache vor Augen, sollte die Weltgemeinschaft endlich Lösungen entwickeln, die die Ausmaße einer drohenden Katastrophe so weit wie möglich eindämmen, um die Qualität unserer Zivilisation zu erhalten und damit künftigen Generationen ein lebenswertes Umfeld zu hinterlassen.
Extremwetter mit Starkregen und Überschwemmungen, Hitzewellen und Dürren und nicht zuletzt der langsam, aber stetige Anstieg des Meeresspiegels sollten ein stärkeres Handeln im weltweiten Maßstab zur Folge haben. Konkret heißt dies, die Ursache des Klimawandels zu bekämpfen und insbesondere den dafür mitverantwortlichen CO2-Ausstoß in die Atmosphäre deutlich zu reduzieren.
Temperatur-Erhöhung um maximal 2°C?!
Der CO2-Ausstoß sollte in den nächsten Jahrzehnten so gesenkt werden, dass sich die Durchschnittstemperatur der Erde bis 2070 im Verhältnis zur vorindustriellen Zeit um nicht mehr als 2°C erhöht. Temporär kann dabei kurzfristig auch die 2°C-Grenze überschritten werden. Im Rahmen des Pariser Abkommens von 2015 beschlossen die anwesenden Staatsvertreter die Umsetzung eines ehrgeizigen Maßnahmenkataloges. Das zentrale Ziel: die Verhinderung einer Erwärmung der Erde um möglichst nicht mehr als 1,5°C bis 2050. Dieses richtige und ambitionierte Ansinnen besitzt allerdings den Fehler, dass es keinen beschlossene Maßnahmenkatalog gibt, der bezahlbar ist und zum Ziel führt. Vielmehr sind die Beiträge aller Länder freiwillig. Zudem sind die meisten „Versprechen“ der Entwicklungs- und Schwellenländer aus nachvollziehbaren Gründen an hohe finanzielle Unterstützung der Industrieländer gekoppelt (konditioniere NDCs). Solche Unterstützungsvolumina sind aber nicht in Sicht. Hinzukommt, dass die Gesamtheit der bisher versprochenen Beiträge zur Zielerreichung bei weitem nicht ausreichen. Ferner werden in den Debatten viele aussichtsreiche Technikoptionen von vorneherein ausgeschlossen. Ein Beispiel ist der aktuelle EU-weite Technologiestreit zum gänzlichen Ausstieg aus der automobilen Verbrennertechnologie bis zum Jahr 2035, statt für den Individualverkehr neben der E-Mobilität weitere alternative CO2- neutrale Antriebslösungen nicht nur in Betracht zu ziehen, sondern auch aktiv zu fördern, darunter die sogenannten synthetischen Kraftstoffe oder E-Fuels. Wobei in diesem Zusammenhang der deutsche Verkehrsminister Volker Wissing mit seiner Hartnäckigkeit zumindest ein Fenster offengehalten hat, dass in der EU auch nach 2035 noch Fahrzeuge mit Verbrennungsmotoren zugelassen werden, wenn diese nachweislich nur mit synthetischen Kraftstoffen betankt werden (können). Das ist ein großer Erfolg des Verkehrsministers, der insbesondere ausstrahlt auf die in Kürze anstehende Regulierung der zulässigen Lösungen bei Lkw, In diesem Bereich werden die Verbrennungsmotoren in Europa, wie auch weltweit, noch dringender benötigt als im Bereich der Pkw.
Wohlstand und Energiereichtum für alle Menschen
Einen anderen, ganzheitlicheren Weg als die deutsche Politik einschlägt, stellt das von unabhängigen Experten und Wissenschaftlern erstellte Konzept von Global Energy Solutions dar. Dieses zielt darauf ab, bis zum Jahre 2070 zumindest Net Zero und rückwirkend auch die Einhaltung des 2-Grad-Zieles zu erreichen, – wobei sich die Weltgemeinschaft endlich von dem 1,5-Grad-Ziel verabschieden sollte, das im politischen Raum ständig gebetsmühlenartig vertreten wird, obwohl diese Zielerreichung vollkommen unrealistisch ist.
Das Konzept von Global Energy Solutions sieht vor, den prognostizierten zehn Milliarden Menschen, die in naher Zukunft den Globus bevölkern werden, ein Leben in Freiheit mit angemessenem Wohlstand in sozialer Balance, intakter Umwelt und in einem stabilen Klimasystem zu ermöglichen.
Die Leitidee ist die Schaffung einer globalen ökosozialen Marktwirtschaft, die Energiewohlstand für alle produziert und ohne Panik ein machbares Ziel verfolgt. Voraussetzung dafür sind Innovation und freie Marktentwicklung unter Einbeziehung sämtlicher realistischer Denk- und Technologieansätze im Gegensatz zu der derzeit praktizierten und propagierten Verwaltung von Energieknappheit. Eine globale Lösung wurde schon einmal erfolgreich umgesetzt, als sich die Erde am Rande einer Katastrophe im Klimabereich befand. Dabei handelte es sich um den umfassenden Verzicht auf FCKW nach der Entdeckung des Ozonlochs (1985). Auch hier war die Weltgemeinschaft gefragt und auch hier sind Technologie- und Finanzhilfen von den westlichen Industriestaaten in die Schwellen- und Entwicklungsländer geflossen.
- Die Ausweitung erneuerbarer Energien ohne den Anspruch auf einen Vollausbau.
- Die weitere Verwendung der zuverlässigen steuerbaren Energien. Dies sind Atomkraft und fossile Energieträger, insbesondere Gas, dies in Verbindung mit Carbon Capture Utilization and Storage (CCUS).
- Die Nutzung zukunftsweisender Technologien wie CCUS. Dabei geht es um das Abfangen von CO2 direkt am Entstehungsort und seine spätere Nutzung bzw. alternativ Verpressung in bereits ausgebeutete Gas- und Ölfelder sowie die Einlagerung in weiteren geeigneten Speicherräumen.
- Die Einbeziehung synthetischer Kraftstoffe (sog. Re-Fuels) für Pkw und Lkw, die es weltweit ermöglichen, den riesigen und noch wachsenden Bestand an Fahrzeugen mit Verbrennungsmotoren unschädlich für das Klima weiter zu nutzen. Damit umgeht man auch die unnötige Verschrottung dieser Fahrzeuge.
- Biologische Systeme dienen als natürlicher Puffer, speichern jetzt bereits jährlich 14 Milliarden Tonnen CO2 und sollen zukünftig weitere 10 Milliarden Tonnen CO2 durch Erweiterung dieser Systeme durch weltweite Aufforstungsmaßnahmen und Förderung der Humusbildung in landwirtschaftlich genutzten Böden aufnehmen.
- Konsequenter Regenwaldschutz trägt als wichtiger Baustein zur Stabilisierung des Klimas, zum Erhalt und Ausbau dieser biologischen Systeme und der ökologischen Diversität bei. Die reichen Länder sollten viel Geld aufbringen, um die Regenwälder zu erhalten.
- Das Gigaprogramm Nature-based Solutions sieht die großflächige Aufforstung im Bereich der Holzwirtschaft und die Humusbildung im Bereich der Landwirtschaft vor. Beide Bereiche spielen auch für die Welternährung und für die Nutzung synthetischer Kraftstoffe eine wichtige Rolle.
- Zur Finanzierung des gesamten umfangreichen Programms dient a. ein globales „Cap-and-Trade- System“. Ein solches System regelt den Ablauf des Handels mit Emissionsrechten. Demnach dürfen auf den Territorien von Staaten nur eine bestimme Menge von CO2 abgeben werden. Falls zusätzliche Emissionen erforderlich werden, müssen entsprechende Rechte bei anderen Nationen nachgekauft werden. Wer sein Kontingent nicht ausschöpft, kann dieses seinerseits veräußern (Trade). In dieses System sollten Industrieländer UND Entwicklungs- und Schwellenländer eingebunden sein.
- Darüber hinaus müsste Jährlich über eine Billion Euro aus den OECD-Staaten, ergänzt durch freiwillige Beiträge nicht-staatlicher Akteure, aktiviert werden.Dieses Geld ist erforderlich für den Auf- und Umbau der Energiesysteme im Globalen Süden – etwa für die CO2-Abscheidung und -Entsorgung und für den Bau nationaler und interkontinentaler Energieinfrastrukturen. Angesichts drohender Krisen und möglicher Systemzusammenbrüche sollte es im Eigeninteresse der reicheren Länder liegen, die erforderlichen Geldflüsse zu ermöglichen.
- Die GES-Lösung berechnet in diesem Konzept einen zwei bis dreifach höheren Energiebedarf in den Entwicklungs- und Schwellenländern in Folge des dringend erforderlichen Wohlstandsaufbaus und des nach wie vor sehr hohen Bevölkerungswachstums.
- Differenzkostenzahlungen müssen durch die Mitgliedsländer der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD-Länder) geleistet werden. Diese gleichen die Mehrkosten für ein klimaneutrales Strom- und Energiesystem in den Schwellen- und Entwicklungsländern aus. Im Durchschnitt fallen etwa 500 Euro pro Kopf und Jahr im Bereich der OECD an.
- Das GES-Referenzmodell kann die Power eines Marshallplans für die Welt entfalten und böte erhebliche wirtschaftliche Chancen für die ärmeren Teile der Welt, von dem letztendlich aber alle profitieren.
Es geht insbesondere um die Einbindung neuer Technologien wie CCUS, um einen wirtschaftlich sinnvollen Mix aus bewährten, neuentwickelten und regenerativen Maßnahmen zur Energieerzeugung und den dauerhaften Schutz und Wiederaufbau von Naturräumen als natürlichem CO2-Speicher. Um den Erhalt der Natur zu sichern, bedarf es der aktiven Beteiligung der OECD-Mitgliedsländer, indem sie ärmere Länder des globalen Südens finanziell ausreichend unterstützen. Die OECD-Länder sind in der Verantwortung, proaktiv zu handeln, dies auch deshalb, weil sie über die Historie aufsummiert bis heute die mit Abstand größten CO2-Produzenten sind. Das Besondere an dem GES-Konzept besteht darin, dass es verschiedene Denkansätze, Technologiebereiche und Umsetzungsoptionen interdisziplinär miteinander vereint. Die Zielsetzung lautet, die Einhaltung des 2-Grad-Zieles bis 2070 unter kluger Zuhilfenahme der zu Verfügung stehenden „Ressourcen“ zu erreichen.
Als positiver Effekt aus dieser globalen Kooperation ergibt sich ein wachsender Wohlstand auch in den Schwellen- und Entwicklungsländern, wenn sie als ebenbürtige Partner die gleichen Möglichkeiten zur Energiegewinnung und -nutzung erhalten wie die OECD-Länder. Hier sieht der Vorschlag ein Wachstumspotential von 20 auf 80 Billionen US-Dollar BIP der Mitglieder dieses Kreises als realistisch an (jährliches Wachstum etwa 6 Prozent bezogen auf 5 Milliarden Menschen in 2025, deren Zahl sich bis 2050 auf sieben Milliarden erhöhen wird).
Alle nationalen, rein wirtschaftlichen Interessen sollten eher hinter dem Plan der weltweiten CO2-Reduktion der beschriebenen Art zurücktreten. Um den Vorschlag von Global Energy Solutions umzusetzen, muss die Weltgemeinschaft an einem Strang in eine Richtung ziehen. Dabei könnte Deutschland mit seinem Innovationsgeist technologisch eine tragende Rolle einnehmen und andere Länder, vor allem die OECD-Mitgliedsstaaten dazu motivieren, in internationaler Kooperation das 2-Grad-Ziel bis 2070 möglichst noch zu erreichen.
Vielleicht geht es Ihnen nach der Lektüre wie vielen anderen und Sie stellen sich verschiedene Fragen, wie z.B.:
- Reicht es aus, wenn das 2-Grad-Ziel temporär überschritten wird und schließlich 2070 erreicht wird oder muss dieses Ziel unbedingt bis 2050 erreicht werden? Sind dabei Kipppunkte zu beachten? Gibt es überhaupt akute Kipppunkte?
- Was geschieht mit der Menschheit, der Tier- und Pflanzenwelt, wenn sich die Erde stärker als 2°C erwärmt?
- Welche Gefahr begegnet uns beim Einbringen von CO2 in die Erde, so wie es bei Carbon Capture and Storage (CCS) in den USA schon seit Jahrzehnten betrieben wird (Enhanced Oil Recovery)?
- Sind synthetische Kraftstoffe wirklich wirtschaftlich und CO2-neutral?
- Wo und wie müssten synthetische Kraftstoffe hergestellt werden, um klimaneutral zu sein?
- Warum wird in Deutschland nicht der Atomstrom genutzt, bis die erneuerbaren Energien ausreichend verfügbar sind? Das würde auch die aktuell hohe Inflationsrate reduzieren.
Green Innovator 2023
Ehrenpreisträger
Franz Josef Radermacher
©Südwest Presse Ulm, Volkmar Könneke
